Das Leben ist ein Fluss, der auf dem Weg durch unterschiedliche Landschaften unbeirrt und unaufhaltsam seinem Lauf folgt, von seiner Quelle bis hin zur Mündung ins weite Meer. Immer in Bewegung, schlängelt sich auch unser Leben unermüdlich durch unsere unterschiedlichen Lebensphasen. Von der Geburt bis zum Tod unterliegt auch unser Leben einem stetigen Wandel, steht niemals still.
Alles läuft wie von selbst. Ruhigere, entspannte Lebensabschnitte, die an ein zaghaftes Bächlein erinnern, wechseln sich ab mit aufreibenderen, rasanteren Lebensphasen, die wie tosende Stromschnellen anmuten und solchen, wo sich durch Hindernisse vieles aufstaut. Es sind Abschnitte, die unruhig und mitunter auch gefährlich sind, an denen wir auch mal hilflos durchgewirbelt werden und zu ertrinken drohen.
Das aber tun wir nicht, wenn wir uns unserer eigenen Kraft bewusst werden. Der Kraft, mit der wir, wie der Fluss, Hindernisse und Blockaden aus eigener Kraft fortspülen oder auch einfach umfließen können und uns einen neuen Weg suchen.
Wir sind kein hilfloses Stück Treibholz, das im Wasser von einer Seite zur nächsten getragen wird, das mal auf den Wellen im Sonnenschein tanzt, aber dann wieder unter der Gischt nahezu komplett untergeht – den Naturgewalten unerbittlich ausgeliefert.
Wir sind auch kein im Flussbett liegender Kiesel, auf den getreten wird und der sich in der Menge unzähliger anderer Kieselsteine verliert, während er der lebenspendenden Kraft der Sonne entsagt. Nein, das sind wir sicherlich nicht. Es sei denn, wir entscheiden uns dafür.
Wir sind vielmehr das Wasser, der Fluss, das Leben selbst. Unaufhaltsam und konsequent treiben wir vom Ursprung zur Mündung. Wie der Fluss, so mündet auch unser Leben mit dem Tod in etwas Großes und Unbekanntes, das uns gleichermaßen fasziniert wie auch verunsichert. So wie das Leben unserer Seele mit dem Tod nicht zu Ende geht, sondern wieder an einem Neuanfang steht, so endet auch ein Flusslauf nicht wirklich, wenn er sich ins Meer ergießt. Vielmehr hat auch er mit der Weite des Ozeans unendliche Geheimnisse und Herausforderungen vor sich, die sicher niemals ganz erkundet werden können.
Wer das Gefühl hat, entweder still zu stehen im Leben oder seinen Lebensumständen hilflos ausgeliefert zu sein, der assoziiere dieses Bild von Wasser, vom Fluss. Denn wer frustriert ist weil er denkt, dass der Lebensfluss nur so vor sich hin dümpelt , der sollte sich vorstellen, dass er nur eine kleine Verschnaufpause macht, um sich auf die Turbulenzen kommender Stromschnellen oder Wasserfälle vorzubereiten. Wer großen Unruhen ausgesetzt ist mache sich klar, dass nach Herausforderungen Ruhephasen kommen werden.
Das Wasser ist stets frei und der Fluss strebt unaufhörlich größtmöglicher Freiheit entgegen, selbst wenn er mal still zu stehen scheint. Dabei ist sein Weg mit dem Flusslauf zwar vorgezeichnet und das Wasser folgt diesem naturgegebenen Lauf, aber wo sein Weg langführen wird, ob es mal über die Ufer treten muss und wie sich das alles anfühlen wird, das weiß das Wasser genauso wenig wie wir selbst. Das Wasser wird ankommen, das ist sicher. So fließt es einfach um des Fließens willen.
Und genau das sollten auch wir tun. Wir sollten uns als elementaren Teil des Flusses empfinden, der das Leben ist. So wie das Wasser den Fluss erst zum Fluss macht, sind wir es, die unser Leben erst mit Leben füllen. Wir sind niemals nur ein hilfloses Objekt, das auf seinem Fluss dahintreibt. Wir haben unser Leben in der Hand, nur wir entscheiden, wie wir es gestalten. Hören wir auf unser Herz, lassen wir uns treiben, dann sind wir in der Liebe, sind verbunden, können nicht vom Weg abkommen, weil wir uns treu bleiben.
Wie das Wasser einfach nur Wasser ist, das sich dem Fluss hingibt und sich so ganz selbstverständlich auf seine Abenteuerreise begibt, so sollten auch wir einfach Mensch sein und uns dem Sog unserer Seele anvertrauen, indem wir dem Ruf unseres Herzens und unserer Intuition folgen. Lassen wir doch zu, dass unser spiritueller Kompass uns leitet. Vertrauen und folgen wir ihm, empfinden wir uns als eins mit unserem Leben, unserem Weg, wo auch immer er uns hinführen mag, was auch immer er uns abverlangt. Es ist unser Weg mit unseren Herausforderungen und es ist unsere Sicht darauf, die entscheidet, ob wir im Fluss sind oder nicht.
Wir sollten uns immer frei, inspiriert, leicht und gleichzeitig sicher fühlen, behütet, getragen und von unsichtbarer Hand geführt, vertrauend, dass das Ende des Flusses nur einen neuen Anfang bedeutet. Tatsächlich braucht es nicht mehr als unsere positive Sichtweise, um uns in unsere Mitte zu bringen, uns Leichtigkeit und Glück empfinden zu lassen. Was bedarf es mehr als dieser Gefühle von innerer Freiheit und innerem Frieden bei äußerem Halt? Das Leben ist ein Fluss.