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Die Begegnung, die alles verändert hat
„Hey Sabine, du bist genau wie ich.“, hörte ich eine Stimme, als ich an jenem nasskalten, dunklen Novemberabend, aus der Yogastunde kam.
„Wie bitte? Redest du mit mir?“, fragte ich verwirrt.
Zunächst dachte ich, ich hätte mich verhört. Sie sprach recht leise und ich musste genau hinhören.
„Ja, natürlich meine ich dich. Wen sollte ich denn sonst meinen? Es gibt doch nur eine Sabine in unserem Yogakurs.“, lächelte sie mich an. „Ich habe das Gefühl, dir geht es heute gar nicht gut. Vielleicht möchtest du gern darüber reden?“
„Schon möglich.“, erwiderte ich etwas schroffer, als beabsichtigt. „Aber wohl sicher nicht mit jemandem, den ich nicht wirklich kenne.
„Das brauchst du ja auch nicht.“, fuhr sie unbeirrt vor. „Sabine, wenn ich dich sehe, sehe ich dein Leiden, sehe, wie du dich von deinem Leben hintergangen fühlst und ich empfinde Mitgefühl und möchte dir gern helfen.“
Ich war sprachlos und spürte eine Wut in mir aufsteigen. „Was maßt du dir eigentlich an? Das ist ja völlig absurd und geht mir jetzt entschieden zu weit. Ich kenne dich überhaupt nicht und werde sicherlich auch nicht mit dir über mein Leben sprechen oder gar mein Inneres vor dir ausbreiten.“
„Du und ich,“ fuhr sie fort, „wir sind uns nicht fremd. Du magst dich mit allerlei identifizieren, deinem Körper, deinem Intellekt oder deinem Verstand, aber im Grunde deines Herzens bist du ich, auch wenn du damit jetzt gar nichts anfangen kannst, es vielleicht auch nicht wahrhaben willst. Genauso ist es. Du….
Ein schrilles Lachen entwand sich meiner Kehle: „Sag mal, was verstehst du hier nicht, in welchem Paralleluniversum bist du eigentlich unterwegs? Wir kennen uns überhaupt nicht!“, schrie ich sie an.
„Aber warum bist du dann so aufgebracht? Wovor hast du denn bloß so große Angst? Du bist doch gerade dabei, einen Tiefpunkt deines Lebens zu überwinden?“, sagte sie mit klarer, zunehmend deutlicherer Stimme.
Ich rang nach Luft: „Was weißt du denn schon? Wie kommst du denn darauf?“, fragte ich mit mittlerweile zittriger Stimme.
„Wie ich schon sagte, ich kenne dich besser als jeder andere, glaub mir.“
Ich sprang auf: „Du bist ja verrückt! Du willst mich kennen? Wieso kenne ich dich denn dann nicht?“.
Ich wollte wegrennen, es war komplett absurd und skurril und fühlte sich an, als sei ich im falschen Film.
„Du denkst, du seist im falschen Film?“, fragte sie da lapidar. „Nun, dann überdenke doch mal die Rolle, die du in diesem Film spielst, den du dein Leben nennst. Ist dir eigentlich klar, dass du der Regisseur deines Lebensfilmes bist?“
Ich schluchzte mittlerweile und die Tränen rannen mir wie Sturzbäche über die Wangen: „Hör auf damit, ich will das nicht hören, es ist doch schon alles so schlimm genug…“
Mein Leben glich zu diesem Zeitpunkt einem einzigen Scherbenhaufen.
„Ja, das magst du so empfinden. Aber tatsächlich hast du es in der Hand, dein Leben jederzeit zu ändern. Nimm es in die Hand, triff die Entscheidung und trage die Verantwortung. Es ist deine Sicht auf die Dinge, auf deine Lebenssituation, die dich so leiden lässt. Du zerfließt in Selbstmitleid und übersiehst dabei, dass dein Leben so schön sein könnte.“
„Du hast gut reden. Wie würdest du dich denn in meiner Situation fühlen?“
„Nun zunächst einmal weiß ich, dass die größte Liebe deines Lebens die zu dir selbst sein sollte. Nimm dich so an, wie du bist, mit allen Stärken und auch deinen Schwächen. Nur wenn du dich selber liebst, kannst du auch wahre, bedingungslose Liebe empfinden, annehmen und geben.
Du jedoch liebst dich nicht wirklich. Du haderst mit dir, leidest unter Selbstzweifeln. Deshalb suchst du diese fehlende Liebe im Außen. Wie soll das gut gehen? Verändere deine Einstellung zu dir selbst, deinem Leben und deiner Rolle darin.
Ich wurde ruhiger, dachte über ihre Aussagen nach. Sie sprach so ruhig und klar mit mir, als würden wir uns schon ewig kennen.
„Wir zwei sind eins. Es gab Zeiten, da hattest du ein Ohr für die Dinge, die ich dir zu sagen hatte. Ich kann dir den Weg weisen, ich bin für dich da, wenn du es zulässt.“, fuhr sie fort.
„Ha, wohin willst du mich denn führen? Du hast doch keine Ahnung von meinem Leben und davon, wer oder was ich bin.“
„Da irrst du dich. Ich kann dich führen, wenn du es nur zulässt. Du solltest ein wahrhaftiges Leben führen, ein Leben, das dich in Einklang und Harmonie mit dir selbst bringt, dir inneren Frieden schenkt und dich glücklich macht.“
„Glücklich“, erwiderte ich verächtlich, „wer ist schon glücklich?“
Höre auf dein Herz und nur auf dein Herz, dann wirst du spüren, was es bedeutet, wirklich glücklich zu sein.“
„Wenn ich meinem Herzen folgen könnte, dann würde ich es tun, glaub mir.“
„Warum denkst du so? Wer hindert dich denn daran?“
„Nun, ich habe Verpflichtungen, muss zum Beispiel Geld verdienen, um meine Miete zu bezahlen. Ich stimme dir ja zu, dass es ein schönes Gefühl sein muss, seinem Herzen zu folgen, aber es ist mir gar nicht immer möglich.“
„Doch, ist es. Glaube mir. Die größte Verpflichtung oder Verantwortung in deinem Leben hast du gegenüber dir selbst. Du bist der erste Mensch, den du bedingungslos lieben solltest, allein schon, weil du dein ganzes Leben mit dir verbringen musst.
Bleib dir selber treu, werde dir klar über deine eigenen Bedürfnisse und verfolge deine Ideale. Verschwende nicht so viel Energie daran, die Erwartungen anderer Menschen erfüllen zu wollen. Sei du dir selber der wichtigste Mensch in deinem Leben. Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum! Höre auf deine Intuition, vertraue deinem Bauch.
Alles, was du tust, solltest du gern tun. Es sollte dich und dein Herz erfüllen. Mach dir bewusst, dass du nicht wertvoll bist, weil die Gesellschaft dich aufgrund deiner gesellschaftlichen Stellung oder irgendwelcher Statussymbole dafür hält, sondern, weil du dich selbst als wertvoll erachtest.“
So endete das erste von vielen weiteren Gesprächen mit meiner Seele. Der Freundin und Vertrauten, die ich tatsächlich länger kannte, als jeden anderen Menschen und die stets nur das Beste für mich anstrebte. Leider hatte ich ihr viel zu lange viel zu wenig Gehör geschenkt.
Sie ließ mich erkennen, was mich mein Leben lang in falsche Richtungen geführt hatte, so dass ich bewusst, entschlossen und enthusiastisch meinen Weg einschlagen konnte.
Meine Rolle in meinem Leben war mit einem Mal glasklar: Ich war nicht das hilflose Opfer, sondern der Schöpfer meines Lebens und als solcher dafür uneingeschränkt verantwortlich. Ich hatte es in der Hand, mein Leben als glücklich zu empfinden, weil Glück kein Ziel, sondern vielmehr eine Lebenseinstellung ist.
Heute führe ich ein Leben in Harmonie mit mir selbst, das ich als glücklich und erfüllt empfinde, egal wie die äußeren Umstände sich gerade darstellen. Läuft es mal nicht rund, sehe ich mich mit Hindernissen konfrontiert, dann erkenne ich darin die Chance, die Weichen neu zu stellen, um so auf meinen persönlichen Lebensweg zurück zu finden.
Es ist diese Begegnung mit meiner Seele, meinem wahren Selbst, die mein Leben von Grund auf verändert hat, obwohl eigentlich alles wie vorher ist.
Yoga, das Zur-Ruhe-Bringen der Gedanken meines Geistes, hat mich auf diese Abenteuerreise zu meinem wahren Kern geführt und ließ mich die Stimme meines Herzens endlich wieder hören.
So fühle ich mich beseelt, bin voller Kraft, Energie und Positivität.
Ich ruhe in mir selbst und kann aus diesem inneren Frieden heraus anderen ein Vorbild sein und sie inspirieren, z. B. in meinen Yogastunden, die ich mittlerweile nicht nur mitmache, sondern auch gebe.
Danke Leben!
Danke dass du mich in dir aufgenommen hast,
danke, dass ich dich in meinem Dasein mit all deinen Facetten wahrnehmen und erleben darf.
So reift meine Seele, kann alles erfahren, für das sie in diesem Leben in meinem Körper eingezogen ist.
Danke Leben!
Danke, dass du nie langweilig bist und ich von deiner Vielseitigkeit profitieren darf.
Danke, dass ich dich kennen lernen durfte und täglich neues erfahre und lernen.
Ich freue mich noch viel mit dir zu erleben. Bleib noch eine Weile bei mir.
Hilf mir, die Aufgabe meines Seins zu erkennen leite mich, damit ich sie mit Leichtigkeit werde erfüllen können.
Ich weiß, wenn ich bestimmte vor allem unangenehme Situationen immer wieder erlebe, dann nur, weil du mir helfen möchtest, die Dinge zu lernen und zu verstehen, die mir noch verborgen sind.
Höre nicht auf damit, leite mich geduldig. Bleib an meiner Seite, so lange, wie ich brauche, um meine Lebensaufgabe, zu erfüllen.
Erfüllt kann ich dann voller Dankbarkeit Abschied von dir nehmen, wenn es an der Zeit ist und mich von dir verabschieden: „Auf Wiedersehen, Leben! Du hast mir viel gegeben.“