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Autor Archiv: Sabine Borke

Ich esse dann mal nichts – Mein Fastenexperiment

Geschrieben am 28. Juni 2014 Von Sabine Borke Veröffentlicht unter Mein Weg Hinterlassen Sie einen Kommentar

Nachdem ich mich schon mindestens zwei Jahre mit dem Gedanken getragen habe, meinen Körper mal total zu entgiften, meine Organe zu reseten und den Säure-Basen-Haushalt ins Gleichgewicht zu bringen, habe ich mich nun endlich – super spontan – entschieden kurz mal eine Fastenwoche einzulegen.

Den Impuls dafür bekam ich bei einem Vortrag über verschiedene Reinigungstechniken des physischen Körpers, die ich mir an einem Montagabend innerhalb meiner Yogaausbildung anhörte. Nachdem ich fasziniert gelauscht hatte, wie so eine Fastenzeit abläuft, beschloss ich spontan: Jetzt oder nie, wenn nicht jetzt, wann dann? Den Nebeneffekt, durchs Fasten zum Sommer hin auch noch einige Kilo an Körpergewicht zu verlieren erfüllte mich schon im Voraus mit großer Freude.

Gleich am nächsten Tag beschaffte ich mir einen Irrigator aus der Apotheke, um den Einlauf, mit dem die eigentliche nahrungsfreie Zeit eingeleitet wird, durchzuführen. Meine Mutter hatte noch ein tolles Fastenbuch, in dem ich mir alles noch einmal genau durchlesen konnte. Im Nachhinein ein sehr gutes und hilfreiches Buch, aber in dem Moment vor Fastenbeginn entzündete es bei mir noch einmal letzte kleine Fünkchen von Zweifeln….Wollte ich stinken, einen gelben Zungen- und Zahnbelag haben, frieren und evtl. in den ersten zwei Tagen noch starke Kopfschmerzen o.ä. erleben? Eigentlich nicht wirklich.

Aber nichts konnte mich mehr bremsen. Ich war sowas von euphorisch. Schlafen ging nach diesem Vortrag kaum – was schon was heißen will, weil ich grundsätzlich einen sehr tiefen ruhigen Schlaf habe. Mein Geist arbeitete und arbeitete. Meine Gedanken kreisten nur ums Fasten. Kaum war ich eingeschlafen, war ich auch schon wieder wach und es drehte sich immer nur alles ums Fasten. Das war wirklich schon etwas irre, zumal es auch die nächsten Tage und Nächte so blieb. Ich nahm es als gutes Zeichen, dass sogar mein Unterbewusstsein schon infiltriert war von der Idee. Es gab keine bessere Option, als dieser starke Wille in mir, das war mir klar.

Also ging es Donnerstag los: Entlastungstag. Ich aß morgens und mittags je einen kleingeschnittenen Apfel mit Apfelmus und zwei Esslöffeln Leinsamen und abends ein wenig Rohkost: Gurke und Tomate an Fenchel und Karotte, so in der Art – ohne Essig und Öl oder Dressing. War schon nicht gerade viel, was ich an diesem Tag noch zu mir nahm, aber ich fühlte mich in meinem Projekt bestätigt, da ich komischerweise keinen Hunger an diesem Tag verspürte. Wirklich ungewöhnlich, da ich sonst deutlich mehr und facettenreicher esse. Frei nach dem Motto: „Was ich nicht esse, trinke ich lieber“, trank ich über den Tag verteilt nahezu ununterbrochen Wasser oder irgendeinen Kräutertee und freute mich des Lebens. Auf was für ein Abenteuer ließ ich mich da ein? Ich war total gespannt und offen für alles was da kommen mochte. Und dann war ich auch schon mittendrin.

Am Freitag dann der offizielle Start: Einlauf mit dem neuen Irrigator. Ich war ja so froh, dass ich mir das Trinken eines Bittersalzes damit ersparen konnte. Das war es auch zu einem Teil gewesen, was mich zwei Jahre abgehalten hatte, das Fasten einmal anzugehen. Allein die Vorstellung so etwas Ekeliges wie dieses Glaubersalz trinken zu müssen, reichte, mich derart abzuschrecken, dass ich es immer von mir geschoben hatte. Mit der sanfteren Passagesalz-Methode hatte ich es vor deutlich längerer Zeit einmal versucht, aber das schlug überhaupt nicht an, also meinen Darm inspirierte es nicht, sich einmal zu entleeren, so dass ich seinerzeit direkt klein beigegeben und kapituliert hatte.

Gut, das war Schnee von gestern und würde mir nun nicht passieren. Wenn ich es entspannt machen wollte, sollte ich eine halbe Stunde für den Einlauf einplanen, so die Information, die ich aus dem Vortrag mitgenommen hatte.

Kein Problem, dachte ich. Um 8 Uhr morgens, nachdem die Familie das Haus verlassen hatte, machte ich mich also geschäftig daran die Einzelteile meines Irrigators zusammenzubauen und ihn mit der lauwarmen 0,9%ige, d. h. isotonischen Salzlösung zu befüllen. Erste kleine Komplikationen kosteten mich einige Nerven und kostbare Minuten…..um 9 Uhr wollte ich wie üblich im Büro erscheinen. Nun gut, ich ermahnte mich Ruhe zu bewahren, was mir als Yogini auch recht gut gelang. Erst dachte ich, mein Irrigator sei glatt kaputt, weil sich das Klistierrohr nicht an das Mutterrohr anschrauben ließ, obwohl beide ein Gewinde aufwiesen. Da Lesen ja bekanntlich hilfreich sein kann, las ich noch einmal auf der Packung und stellte fest, dass ich für meine Zwecke wohl nur des Gewindeteil des Irrigatorhahnes und das Klistierrohr benötigte. Kam mir komisch vor, da mir das Klistierrohr so kurz erschien. Aber gut, immerhin funktionierte es und tröpfelte hier und da vor sich hin. Vorausschauend bereitete ich mir noch einen weiteren Liter Salzlösung in einem Messbecher vor.

Dann ging ich endlich, beladen mit diversen älteren Handtüchern, meinem nigelnagelneuen Irrigator nebst Zubehör und dem Messbecher nach oben. Dort suchte ich erstmal nach einem idealen höher gelegenen Platz, um den Irrigator für den erfolgreichen Ablauf der Prozedur dort anzuhängen. Der Haken in der Duschkabine erschien optimal und bekam den Zuschlag.

Ich holte mir noch die Fitnessmatte meiner Tochter für meine Knie, da – so der Tipp meiner Impulsgeberin – es in der Vierfüßlerstellung ideal sei. Der Einlauf kann sich dann besonders gut verteilen und man kann prima ergänzend dazu den Bauch in rhythmischen Pumpbewegungen einziehen und rausstrecken.

Soweit so gut, alles noch ganz easy. Dann also Irrigator in die dafür vorgesehene Körperöffnung gesteckt. Ich versuchte das Klistierteil möglichst weit einzuführen, weil ich dachte, dass die Flüssigkeit meinen Darm sonst wohl nicht richtig erreichen könne. Es wurde dann aber nur schwieriger, den Hahn aufzudrehen….dazu nackt, auf den Fliesen meines Badezimmers kniend. Das hatte was skurriles, fand ich.

Mir schien, ich hätte nach einigem Hin und Her eine super Position ausgemacht und drehte den Hahn auf: Wasser marsch. Leider aber nur auf die Fliesen und die Handtücher. Es lief etwas in die falsche Richtung, das war offensichtlich. Hahn wieder zu, Klistierposition verändert, 2. Versuch. Super, es tat sich endlich was. Nach einer Weile wollte ich mal sehen, wie viel Flüssigkeit denn noch im Irrigator war. Wieder eine Herausforderung: sich im Vierfüßlerstand umzudrehen und sich dabei einen Schlauch am Hinterteil festzuhalten. Die Situation entbehrte nicht einer gewissen Komik.

Ich drehte mich um, aber die Duschtür war zu weit im Sichtfeld, der Irrigator dafür nicht. Gut, also kurz aufgerichtet, Blick zum Irrigator und – Oh Schreck – noch fast voll – abzüglich des Salzwasser, dass bereits auf meine Fliesen schwamm. Was war jetzt schon wieder faul?

Das Wasser drohte langsam zu kalt zu werden und ich machte mir Gedanken, ob ich dadurch nun möglicherweise schon gefährdet sei, starke Darmkrämpfe zu bekommen. Ich gab noch einmal alles, bat das Universum um Hilfe, nachdem ich den Bruchteil einer Sekunde gefragt hatte, ob das vielleicht doch alles Zeichen sein könnten, dass ich mein Experiment – mal wieder – abbrechen sollte, bevor es überhaupt so richtig starten konnte.

Mein Bitten wurde erhöht, es lief zwar irgendwie einiges auf den Boden, aber der Großteil verblieb dann doch in meinem Darm, wie geplant. Ich pumpte mit dem Bauch, ging in die Stellung des Hundes, glitschte dabei noch etwas über die Fliesen und wartete, dass etwas passiert.

Aber es passierte erst mal nichts. Ich putzte mir die Zähne und war sehr verblüfft, dass das Wasser tatsächlich vom Schließmuskel im Darm gehalten werden konnte, entgegen der Schwerkraft. Was für ein Wunder der Natur. Und dann merkte ich plötzlich etwas Druck und dachte mir, ich geh mal schnell rüber zur Toilette. Eine sehr weise Entscheidung. Mein Darm entledigte sich recht zügig des Wassers.

Da ich unsicher war, ob auch wirklich alles gut gereinigt war – mal abgesehen von meiner Toilette! – wiederholte ich die Prozedur. Es war bereits viertel vor neun, mein üblicher Arbeitsbeginn im Büro war nicht mehr zu schaffen, ohne Hose, im Schlafanzugsoberteil, ungeschminkt und gestylt schon überhaupt nicht mehr. Und dann war da noch einiges zu reinigen und in Ordnung zu bringen. Der zweite Einlauf verlief etwas gekonnter. Fühlte mich mittlerweile wie ein alter Hase und zog alles wie aus dem FF durch.

Sehr gut, der Anfang war getan. Ich fand mich schließlich um viertel vor zehn, frei von Essen und Essensresten im Büro ein. Meine Kolleginnen waren auch ohne mich gut zurecht gekommen. So weit so gut, Konzentration aufs Fasten. Nun saß ich da, schaute, wie sie ihren Latte Macchiato schlürften und machte mir einen Kräutertee. Ist eben gesünder.

Meine Kolleginnen fanden mich etwas blass, aber vermutlich hatte ich nur zu wenig Puder auf der Nase. Alles war gut. Ich fühlte mich gut, ich hatte es endlich geschafft und fastete. Den ganzen Tag wartete ich darauf etwas zu merken…..irgendwelche Schmerzen, Müdigkeit, Schlaffheit. Als sich gegen Mittag noch immer nichts eingestellt hatte, ging ich meinen Wagen waschen und aussaugen. Super, endlich das mal wieder erledigt.

Abends ging’s mir auch noch super. Also ab zum Fitness Yoga. Perfekt, herrlich. Entgegen meiner üblichen Gewohnheit, ließ ich aber danach die NDR-Talkshow sausen und schlief mal früher. Fastende sollen in der Regel mit weniger Schlaf auskommen und nachts auch mal wach werden.

Nichts davon traf auf mich zu, ich schlief, bis der Wecker um 8 Uhr klingelte, weil ich zugesagt hatte, bei einem Umzug zu helfen….nichts wildes, nur in den 4. Stock. Uuups….

Musste etwas langsamer als sonst machen. Mein Kreislauf war zwar nicht gänzlich im Keller, aber irgendwie auch nicht auf der Höhe. Ich duschte mich von unten nach oben kalt ab und dann ging es auch schon wieder.

Der Umzug war machbar, ich war tatsächlich fit genug zum Möbelschleppen und Treppen steigen. Die anderen waren nicht fitter. Zwischendurch zur Stärkung dann leckere knusprige Brötchen und duftender Kaffee. Hmmm, das war irgendwie blöd. Ich wollte auch was essen! Allerdings nicht aus Hunger, den hatte ich absolut nicht, aber es roch so lecker, sah lecker aus und ich esse einfach immer gern. Na ja, ich erfreute mich daran, dass ich meinen Geist im Griff hatte und meisterte die Situation vorbildlich.

Gegen 13 Uhr war ich dann sehr müde, aber es war noch kein Ende in Sicht. Ich hatte schon lange zugesagt, bei diesem Umzug zu helfen, da kam kein vorzeitiger Rückzug in Frage. Langsam wurde mir bloß kalt dabei….begünstigt dadurch, dass ich bei eher mäßigen Temperaturen und zu dünner Kleidung dafür, die Fenstern von außen putzte.

Gegen 15 Uhr war dann alles soweit erst einmal erledigt, dass ich nach Hause gehen konnte. Dort gönnte ich mir den Luxus eines einstündigen kleinen Schläfchens und gesellte mich dann wieder zu meiner Familie. Mittlerweile war mir total kalt. Mit Körnerkissen und Leberpackung – damit die Leber besonders gut vom gelegentlichen Sekttrinken regeneriert – eingehüllt in eine kuschlige Decke auf dem Sofa eingemummelt beobachtete ich das Geschehen.

Mein Mann bereitete gerade vegetarische Frikadellen zu. In der Pfanne gebraten machte sich wieder einmal ein sehr leckerer Duft in unserem Heim breit. Super. Gut, nahm mir dann meinen Bio-Gemüsesaft, ¼ l und mischte ihn eins zu eins mit heißem Wasser. Das ganze kredenzte ich mir dann feierlich in einer kleinen Suppentasse und löffelte. War im Grunde okay, wenn nicht alle anderen diese leckeren anderen Dinge gegessen hätten. Ich dachte mir: Das kann ja was werden.

Sonntagmorgen fuhr ich wie üblich in den Park zum Laufen. Dachte mir ich schau einfach mal, was so geht. Der Fastende kann im Grunde alles machen und sollte einmal am Tag an seine Leistungsgrenze gehen. Meine erreichte ich an diesem Sonntagmorgen schon recht schnell. Meine Beine wollten nicht so recht. Ich verlagerte mich aufs Walken mit streckenweisem Joggen und verkürzte die übliche Strecke von etwas über 8 km auf die Hälfte. Alles gut. Mein Körper zeigte mir die Grenzen und ich hielt sie ein.

Natürlich war der Rest der Familie am Frühstücken als ich nach Hause kam. Toll, wieder zuschauen. Dieses Mal war mein Mann auch wieder besonders ideenreich gewesen: Er hatte Toastbrot in Rührei eingeweicht und briet es gerade in der Pfanne…..natürlich nicht geruchsneutral. Boah, noch nie hatten wir das gegessen und das duftete so gut und sah auch noch total lecker aus. Liebevoll hatte mein Mann den Kindern Kresse drauf gelegt. Gut, Versuchungen widerstehen ist auch so eine Sache, der man sich mal stellen sollte. Ich widerstand und überlegte, wie viele solche Tage noch vor mir lagen…..zu viele, wie sollte ich das aushalten? Meine Lebensqualität empfand ich als extrem eingeschränkt. Na ja, aber der Weg ist das Ziel, ich versuchte den Weg zu genießen. Abends ein bisschen mit Fernsehen abgelenkt – wieder schön mit Körnerkissen, Decke und Leberpackung auf dem Sofa. Mir fielen besonders die Szenen des Films auf, wo gegessen wurde….man, die aßen dauernd irgendwas und ich dachte ans Essen, was ich eigentlich hatte vermeiden wollen. Aber gut, der Abend ging rum. Vermutlich habe ich dann noch vom Essen geträumt, aber bewusst erinnern kann ich mich wenigstens nicht. Und morgens sah die Welt auch schon wieder anders aus.

Zu 9 Uhr ging’s dann ins Büro. Ich wurde kritisch beäugt. Natürlich war ich mal wieder blass, aber das kannte ich auch schon aus Kindertagen. Mein Hauttyp hatte mir seinerzeit zu dem Spitznamen „Bleichi“ verholfen. Ich versicherte es ginge mir gut und zählte wieder mal die noch vor mir liegenden Tage.

Ich beteuerte, mich zu fühlen wie immer. Gut, statt Joggen war halt Walken angesagt und beim Treppensteigen pustete ich irgendwie etwas mehr und empfand eine leichte Schwere in den Beinen. Aber das war halb so wild. Mit den im Fastenbuch beschriebenen Kopf- und sonstigen Schmerzen während der ersten Fastentage hatte ich zum Glück gar nichts zu tun, das war doch schon mal gut. Ich war bereit für die ebenfalls im Buch beschriebenen Hochgefühle, die sich ab dem dritten Tag in der Regel einstellen sollten. Ich wartete und wartete…wann wäre ich denn nun wohl endlich bereit Bäume auszureißen?

Dienstagmorgen war immer noch alles wie immer. Nur dass in einem schicken Restaurant von der Arbeit aus ein Businessbreakfast mit Geschäftspartnern auf dem Programm stand. Super, dann bestellte ich halt mal Pfefferminztee und Wasser und schaute den anderen beim Essen zu. Glücklich machte mich das nicht, es war eher komplett frustrierend, weil so viele leckere Sachen in unmittelbarer Nähe mit allen meinen Sinnen wahrgenommen werden konnten. Na ja, nützte ja nix. Ich wollte durchhalten….wenn auch schon mental irgendwie ein wenig piefig. Natürlich musste ich auch darüber sprechen, warum ich nichts aß und meine direkten Tischnachbarn hatten ein komisches Gefühl vor mir zu essen. Ich beruhigte sie und log, dass mir das überhaupt nichts ausmache. Gut, Hunger hatte ich auch nicht, aber essen wäre schon eine schöne Sache.

Innerlich beschloss ich, noch bis Donnerstagmorgen zu fasten. Vorher hatte ich gedacht, ich könne ja zumindest eine komplette Woche fasten, aber inzwischen fand ich auch sechs volle Tage ohne Essen vollkommen ausreichend.

Den Mittwoch bekam ich dann auch noch irgendwie rum. Ich stellte fest, dass ich wieder anfing zu überlegen, ob ich nicht doch noch ein paar Tage länger fasten könnte. Ich redete mir ein, dass das an sich noch ginge. Trotzdem holte ich mir schon mal im Naturkostladen einen besonders schönen Apfel, der mich spontan am meisten ansprach.

Ich nahm ihn Donnerstag mit ins Büro und erklärte meinen Kolleginnen – zwei an der Zahl – dass ich nun überlegen würde, doch noch einen oder zwei Tage länger zu fasten. Eigentlich wolle ich noch gar nicht wieder essen. Da fielen die Damen aber aus allen Wolken und ich wurde umgehend von diesem Vorhaben abgehalten und ausgebremst. Uuups, was waren die denn auf einmal so aufgeregt? Ich empfand das als etwas überzogen. Das würde jetzt wohl reichen, ich solle mal nicht übertreiben und dieses Thema wäre dann jetzt auch langsam mal gut. (Am nächsten Tag sollte ich noch genauer erfahren, wieso ich ausgebremst wurde…)

Leicht beleidigt – obwohl das sonst nicht so meine Art ist, mich in Befindlichkeiten zu suhlen – schnitt ich mir meinen Apfel in schlanke Schnitze, setzte mich zu meinen Latte Macchiato genießenden Kolleginnen an den Tisch und aß genüsslich Stück für Stück meinen Apfel. Der erste Apfel nach dem Fasten soll ja besonders lecker sein, weil die Geschmacksknospen auch total gereinigt sind.

Okay, der Apfel schmeckte wohl, aber ehrlich gesagt auch nicht besser, als mir vor meinem Fasten ein Apfel schmeckte. Abgesehen davon empfand ich ihn eigentlich als zu groß und musste mir Mühe geben, ihn ganz zu verzehren. Gut, das war nun das Fastenbrechen gewesen. Unspektakulär.

Ich verzog mich an meinen Arbeitsplatz und arbeitete so vor mich hin. Nach etwa eineinhalb Stunden meldete sich mein Darm und ich suchte die nächstliegende Örtlichkeit auf. Der Apfel verabschiedete sich direkt wieder ohne Umschweife. Na ja, es funktioniert also noch alles. Ich wertete das als gutes Zeichen.

Mittags kochte ich mir eine Gemüsebrühe mit einer Kartoffel, einer Möhre, etwas Porree und etwas Sellerie, Petersilie, ein paar Hefeflocken, Gemüsebrühe und je einer Prise frisch geriebener Muskatnuss und Majoran. Also, das war dann wirklich ein Genuss und ich fand es beglückend dieses Festmahl zu mir zu nehmen. Abends machte ich mir dann die ebenfalls in meinem Fastenbuch vorgeschlagene Tomatensuppe aus zwei Tomaten und aß dazu ein Knäckebrot mit selbstgemachtem Kräuterquark. Das war herrlich. Diese warmen Suppen waren genial. Richtig stimmungshebend dachte ich noch so bei mir und ich fror zudem auch schon viel weniger. Es machte sich wohl schon bemerkbar, dass mein körpereigenes Kraftwerk wieder befeuert wurde.

Ich ging Freitag dann entsprechend zufrieden und ansatzweise glücklich ins Büro. Ich spürte einen gewissen Stolz, dass ich mein Fastenexperiment durchgezogen hatte und fühlte mich geradezu beschwingt. Meine Kolleginnen nahmen das wohlwollend zur Kenntnis und erzählten mir, wie froh sie seien, dass ich nun „endlich“ wieder esse. Ich sei doch recht grenzwertig gewesen während meiner Nahrungsmittelaskese, irgendwie schlechter gelaunt und einfach quakig. Na ja, wie in guten, so auch in schlechten Zeiten konterte ich und alle waren wir froh, dass nun wieder gute Zeiten angebrochen waren.

Die Aufbautage verliefen unauffällig. Ich fühlte mich weder besonders gut, noch stellte ich sonst irgendetwas an mir fest. Ich hielt mich an die Nahrungsmittelempfehlungen meines Buches und fand entspannt zurück in mein Leben mit dem Genuss von Essen.

Nachdem ich dann allerdings trotz Sauerkrautsaft, Buttermilch, Weizenkleie, Leinsamen, jeder Menge Rohkost, Obst, Trockenfrüchten, Müsli, Linsen usw. noch immer kein Gefühl hatte, ich könne mich unverwertbarer Stoffwechselendprodukte entledigen, entschied ich mich am Montag, also dem 5. Tag nach dem Fasten, nochmals einen kleinen Einlauf zur Hilfe zu nehmen.

Das lief dieses Mal völlig unproblematisch, ja geradezu irgendwie schon routiniert ab und brachte auch den gewünschten Effekt.

Mein Fazit nach meinem Fastenexperiment:

Ich habe mich während und nach dem Fasten körperlich kaum anders gefühlt als sonst. Also mit Kopf- oder sonstigen Entgiftungsschmerzen an den ersten Tagen hatte ich genau so wenig zu tun wie mit Kreislaufproblemen, Ausdünstungsgerüchen oder Schlafanomalien. Das war alles ganz positiv. Schade hingegen empfand ich es auf der anderen Seite, dass mir auch ein Hochgefühl des Bäume-Ausreißen-Könnens ab dem dritten Tag vergönnt war. Mir war einfach nur eher kalt, Joggen und Treppensteigen empfand ich als eher beschwerlich, aber alles andere war unauffällig.

Auf der mentalen Ebene war ich dafür schon sehr quakig, dass ich nicht essen durfte – natürlich war ich mir hier jedoch bewusst, dass ich es mir ja freiwillig auferlegt hatte. Dieses Gefühl hat mir bewusst gemacht, wie viel Essen für mich mit Lebensqualität zu tun hat, die mir schmerzlich fehlte, obgleich mich zu keinem Zeitpunkt Hungergefühle plagten.

Ich bin ein wenig stolz auf mich, dass ich das Fasten durchgezogen habe und finde es wirklich faszinierend, was ein Körper so kann. Außerdem bin ich in dem Glauben, dass ich mir und meinem Körper einfach etwas Gutes getan habe, auch wenn ich das jetzt so nicht weiter an irgendetwas festmachen kann.

Schön finde ich, dass ein paar lästige „Frühlingsrollen“ sich verabschiedet haben und ich nun bewusster ans Essen gehe. Ich behaupte zwar, ich habe mich nie wirklich schlecht ernährt, aber wie die meisten Menschen doch mal hier und da auch Dinge unbewusst zu mir genommen. Da bin ich nun um einiges bewusster geworden. Süßigkeiten reizen mich auch zwei Wochen nach dem Fasten noch nicht wieder sonderlich und ich habe ein verstärktes Bedürfnis frisches Obst und Gemüse zu mir zu nehmen. So vollziehe ich gerade eine leichte Nahrungsumstellung und das allein finde ich total positiv und es war alles Frieren und quakig sein wert! Ich will nicht sagen, dass das Fasten für mich nach einer Wiederholung schreit, aber vielleicht mache ich es doch noch einmal wieder….ich habe meinen Geist bezwungen, das ist doch auch in gewisser Weise ein erhebendes Gefühl!

Ernährung Fasten Reinigung

Wenn dich das Leben zum Tanz bittet

Geschrieben am 28. Juni 2014 Von Sabine Borke Veröffentlicht unter Gedanken Hinterlassen Sie einen Kommentar

tanzDu verstehst vielleicht noch gar nicht recht warum, aber nun bist du da, mittendrin in dieser Ballnacht, inmitten vieler Menschen mit ihren Geschichten und ihren Leben. Es war dein Leben, das plötzlich und unerwartet vor deiner Tür stand und anbot, dich auszuführen. Einem unerklärlichen und in der Rückschau kaum nachempfindbarem Impuls folgend, hast du dich entschieden, mitzugehen. Getanzt hattest du schließlich noch nie und schon gar nicht mit deinem Leben. Mit ihm hast du bisher höchstens gehadert, diskutiert, mitunter auch gestritten oder einfach nur nebeneinander geschwiegen. Im Bewusstsein des Mangels hast du auf etwas Unbestimmtes gewartet, dessen Unerreichbarkeit du als deine Realität längst angenommen hattest. Jetzt spielt die Musik irgendein Stück und du sitzt schon wieder da, verloren hängst du irgendwelchen Gedanken nach. Fragen tauchen auf, die dir schon länger Antworten schuldig sind. Fragen nach dem Wieso und dem Warum. Sie beschäftigen dich mindestens genau so stark wie die Fragen nach deiner Herkunft und dem Sinn deines Daseins. Was soll das nur alles? Wohin gehörst du? Du, wer auch immer du bist. Mit einem Mal steht es nicht mehr nur vor deiner Tür, sondern direkt vor dir, dein Leben. Es lächelt dich an und bittet dich zum Tanz. Du blickst ihm fest in die Augen und spontan – wenn auch nur für den Bruchteil einer Sekunde – fühlst du unbestimmt die Antworten auf alle jemals gestellten Fragen. Sie sind ebenso präsent wie die Schwingungen der Musik und erreichen dein tiefstes Inneres. Dein Leben hat dich aus deinen sich überschlagenden Gedanken gerissen. Darauf warst du nicht im Geringsten vorbereitet. Irgendwas fühlt sich mit einem Mal anders an, obwohl nichts anders ist. Was auch immer in dir vorgehen mag: Nimm diese Aufforderung an, wage dich mit deinem Leben aufs Tanzparkett. Denke nicht erst darüber nach, ob du tanzen kannst oder kokettiere gar damit, nicht zu wissen, ob du es zum gerade gespielten Lied kannst…tue es einfach. Fühle den Rhythmus, höre jeden Ton und lass dich von ihm tragen. Alles was du brauchst, ist in dir. Lass dich führen oder wiege dich einfach im Takt, nimm jede Schwingung wahr und gib dich ihr hin. Egal, ob Blues, Foxtrott, Walzer oder Swing…jeder Tanz zu seiner Zeit bereichert dein Leben, macht es bunter und abwechslungsreicher. Wenn du nicht mehr kannst, oder deine Füße wund sind, ruhe dich aus, nutze das Innehalten zur Reflexion und verfolge weiterhin das Geschehen. So bist du noch immer mittendrin, gehörst dazu und kannst dich schnell wieder voll darauf einlassen, wenn du soweit bist. Wenn der letzte Tanz sich dann dem Ende neigt, verneige auch du dich. Verneige dich vor deinem Tanzpartner, deinem Leben. Bedanke dich, dass es so vielseitig mit dir getanzt und dich so sicher geführt hat. Bitte es, dich noch heim zu bringen. Verabschiede dich in aller Form, winke ihm so lange hinterher, wie dir danach ist. Wenn du dann die Tür hinter ihm geschlossen hast, komm zur Ruhe. Spüre, wie es noch immer in dir pulsiert. Erinnere dich lächelnd an all die vielen verschiedenen Tänze, die du getanzt hast. An die, die dich gefordert haben, weil sie schneller waren oder kompliziertere Schrittfolgen mit sich brachten genauso wie an die, bei denen du dich leicht gefühlt hast und wie von selbst über das Tanzparkett geschwebt bist und dich manches Mal auch wieder ein wenig regenerieren konntest. Erinnere dich auch, wem du alles auf die Füße getreten oder in die Quere getanzt bist. Spare auch die Momente nicht aus, in denen du den Takt nicht finden oder halten konntest oder wo du möglicherweise sogar ganz die Balance verloren hattest. Es waren wertvolle Momente, weil es deine Momente waren, deine Formation auf deinem Ball des Lebens. Wenn du dann irgendwann merkst, dass du gleich einschlafen wirst, weil du zu erschöpft bist, um überhaupt noch etwas anderes tun zu wollen, geschweige denn zu können, dann gib dich der Müdigkeit hin. Schlafe ein. Mit einem Lächeln im Gesicht wirst du ganz sicher in deinen Träumen weitertanzen. Die Fragen, deren Beantwortung im Laufe dieser rauschenden Ballnacht deines Lebens scheinbar immer unbedeutender wurde, sie werden dir jetzt beantwortet werden – sofern du die Antworten nicht längst im Gleichklang mit der Ballmusik auf subtilere Weise erhalten hast – hingebungsvoll tanzend und in völliger Harmonie mit deinem Tanzpartner: DEINEM Leben.

Annehmen Leben Lebensfreude

Yoga mal ganz anders

Geschrieben am 28. Juni 2014 Von Sabine Borke Veröffentlicht unter Mein Weg, Yoga Hinterlassen Sie einen Kommentar

Seit längerer Zeit schon spürte ich, dass mich etwas unruhig machte. Es war diese Idee, dass irgendwie noch mehr in mir stecken muss. Jetzt galt es, genau dies endlich rauszuholen. Nachdem dann meine langjährige Yogalehrerin sich beruflich örtlich verlagerte war der Punkt zum Greifen nah. Ich sah zu dem Zeitpunkt allerdings noch nicht, dass ich selber den Yogaweg in der Form einschlagen sollte, dass ich selber eine Ausbildung zur Yogalehrerin absolvieren würde, ich sah nur, dass sich etwas, was mein Herz mir dringlichst empfahl, angehen musste. Den Impuls, dann tatsächlich diese Ausbildung anzugehen, bekam ich, nachdem ich meine erste Yogastunde bei einer anderen Lehrerin besuchte. Es war ein sehr ambivalentes Erlebnis, an dem ich euch gern teilhaben lassen möchte.

Wir kamen an, die Matten lagen bereits entsprechend der zu erwartenden Teilnehmerzahl am Boden, zwei Reihen gegenüber an den Seitenwänden des Raumes, mit der schmalen Seite zur Wand. Ich stellte meine Schuhe zwischen Wand und Matte und legte ebenfalls meine Yogatasche dort ab. Hätte mir angesichts der im Raum vorherrschenden Ordnung denken können, dass so etwas heute gar nicht geht. lig falsch, Schuhe vor die Tür, Tasche ins Regal…aber nicht an den Türen von der putzigen Schrankkonstruktion herumreißen, die sind schon oft herausgehebelt worden in den Jahren. Nein, wir sind vorsichtig, das wollen wir nicht.

Viel Zeit ist aber auch nicht, sich mit dem Ablage- und Schranksystem vertraut zu machen. Wir werden gebeten zunächst zu paraphieren. Spannend, ich erahne, da unsere Yoga-Instruktorin auf die Anwesenheitsliste deutet, dass ich meine Anwesenheit in dieser Stunde für die Ewigkeit mit einem Kürzel abzeichnen soll. Alle sind pfiffig, das Paraphieren klappt quasi wie am Schnürchen.

Regina* kommt kurz nach knapp zügig in den Raum…der Weg Richtung Paraphier-Zettel führt an der neuen Yoga-Instruktorin vorbei und es kommt zu einem kurzen Wortwechsel, der erst mal seines gleichen suchen muss: „Hallo, ich bin Regina.“

„Herzlich willkommen, ich bin Sharada, schön, dass du da bist.“

„Ja, ich freue mich auch.“ Dann – die eine paraphierend am Fenster, die andere sich schon wieder abwendend und wieder flott durch den Raum wieselnd: „Komisch, das sieht man dir aber gar nicht an.“ Ich interveniere: „Ja, Regina versteht es manchmal geschickt, ihre Freude zu verbergen und manchmal unterrichtet sie auch einfach ihr Gesicht erst etwas zeitverzögert davon.

Ich habe mir das kurz ausgedacht und versuche eigentlich nur, ein Lachen zu unterdrücken…was heißt eins, ich könnte die ganze Zeit nur lachen, seit ich dort bin in Raum 11. Mir ist einfach so. Aber das passt jetzt natürlich so gar nicht, ich mache mir klar, dass ich beim Iyengar-Yoga bin, nicht beim Lach Yoga. Ich reiße mich zusammen, versuche alles wegzuätzen…schwierig. Ich überlege, ob ich gleich zur Yogastunden-Crusherin werde, weil ich mich mal eben totlachen muss. Ich sehe mich schon, wie ich auf Aufforderung den Raum verlassen muss. Aber es geht gut. Ich lasse mich nicht von meinen Emotionen bestimmen. Nein, das tue ich nicht….niemals nicht.

Für die Anfangsentspannung zum Ankommen muss ich eine spezielle Matte rollen und mit meiner Decke umwickeln –die vorhandenen Sandsäcke, die im Iyengar-Yoga zum Einsatz kommen, reichen nicht für alle. Ich lege mich längs auf meine Rolle, das öffnet den Brustkorb besonders schön…da ist was dran, in der Sache gar nicht schlecht. Die Drill-Instruktorin schreitet durch die Reihen, zentriert uns, weist uns zurecht, formt Kissen richtig. Ja, alles muss seine Ordnung haben, sonst geht es nicht.

Jochen war luschig: „Was ist das denn für eine interessante Konstruktion? Da warst du ja sehr kreativ.“ Es ist vorbei, die Energie im Raum entlädt sich in Form eines riesigen Lachkrampfes aller Teilnehmer. Es bleibt kein Auge trocken. Auch Sharada lacht, das ist gut. Im Stechschritt geht es in der ihr anhängenden leicht hektischen ruppigen Art weiter durch die Reihen, die Unterlagen müssen richtig gebaut, Füße und Schultern gen Boden gedrückt werden.

Dann der Knüller: Ein kleiner, laut tickender Wecker, den mein Ohr als baugleich mit unserer Eieruhr in der Küche erkennt, wird aufgezogen. Nach zehn Minuten sind wir scheinbar gar, er schrillt. Ich finde das etwas absurd und kämpfe mit einem weiteren Lachanfall.

Wir kommen zu uns und wollen gemeinsam „Om“ chanten. Keiner hat mich darauf vorbereitet, dass diese zierliche, dynamische, zackige Person mit der eher piepsigen, leicht schrillen Sprechstimme jetzt ein lautstarkes markzusammenziehendes Bariton-Om chanten wird. Wieder einmal muss ich ein Lachen unterdrücken.

Danach wollen wir eine Vorstellungsrunde machen. Finde ich im Prinzip gut, muss sein, aber der Ablauf ist auch wieder speziell.

Wir erfahren die vom Ego projizierte Erfolgsstory der Sharada F. aus W. – ja, die muss einfach was können, da wird wohl was gehen…Swasiland, Südafrika, Indien, Waghäusel. Fortbildungen, immer wieder, auch in anderen Yogaformen und Kinderyoga. (Holla, ob die Zwerge wohl pariert haben? Vielleicht kann Susanne sich da noch Ideen für Ihre Kinderyogastunden holen?!) Zackig hechelt Sharada die einschlägigen Stationen und Punkte ihres 39jährigen Yogaweges herunter. Im Prinzip müsste da was gehen, aber uns kann man so leicht nicht vom Hocker reißen. Wir bleiben tiefenentspannt und reagieren mit Upekkhā (Gleichmut).

Der Reihe nach sollen wir nun erzählen: Wer wir sind, wie lange wir Yoga machen, wie wir praktizieren, welche Erwartung wir an diesen Kurs haben, warum wir uns für ihn entschieden haben, was wir von Yoga erwarten und was Yoga für uns bedeutet. Ich habe hier möglicherweise die ein oder andere Frage vergessen….aber hey, es war ziemlich viel für den Anfang und spielte auch nicht so die Rolle, wir wurden in unseren Ausführungen sowieso immer wieder unterbrochen.

Susanne erzählt, welche körperliche Einschränkung sie hat – Bandscheibenvorfall mit OP und leitet über zur Beantwortung der Frage, was Yoga für sie bedeute. Dann STOP…Fragen, Einwürfe…wieder „Hast du körperliche Einschränkungen?“ Susanne wiederholt kurz, denkend, dass die gute Yogafrau ihre Ausführung nicht verfolgt hat. Zwischenruf:“ Ja, ja, ja, das weiß ich ja nun schon, aber gibt es sonst noch etwas?“

Kleinigkeiten. Maike ist dran. Sie erzählt, dass sie seit eineinhalb Jahren dabei ist. STOP….Einwurf: „Also du meinst drei Semester? Also eineinhalb Jahre klingt ja ganz anders, das sind aber nur drei Semester, das ist im Grunde nichts.“ Gut, haben wir das auch geklärt. Vielleicht kann Maikes viertes Yoga-Semester sie ja einen Babyschritt näher Richtung Moksha führen. Die Hoffnung ist auf jeden Fall da….

Ich bin dran, mache es auch ganz gut, kenne sogar ein paar Sanskrit-Wörter. Konnte schon vor der Anfangsentspannung mit der Beantwortung einer Frage punkten für die ich wieder Seitenhiebe bekam und als Streberin tituliert wurde – natürlich mit zwinkernden Augen der anderen, denke ich zumindest, alles andere wäre schließlich blöd.

Sven ist dran, er bringt das Eis zum Schmelzen, macht mal wieder einen auf Prinz Charming und trifft ins Schwarze….ja, vielleicht könnte man mit Sharadas Worten es auch so umschreiben: Sven (Körper) ist der Bogen, die Asana (seine Worte, sein Sprechen) der Pfeil….und er zielt und trifft ins Schwarze. Herrlich.“ Hört sich auch jetzt noch gut an, so auf den Punkt gebracht. Also, rauf auf die Matte, Bogen spannen und Pfeil fliegen lassen….aber so schnell fliegt erst mal gar nichts.

Sandra ist dran. Die alte Leier: Sie will sich mit 80 noch Ihre Schuhe binden können, flexibel und kraftvoll sein. „Und wie sieht es mit deiner Atmung aus“, die Stimme aus dem Off. „Auch alles prima, habe ich keine Probleme mit.“ Sandra soll erzählen, welche Atemtechniken sie bisher im Yoga gemacht hat. Sie sagt „Pranayamas.“ Autsch, Sharada stellt klar, dass das nur der Oberbegriff für die Atemtechniken an sich ist und hakt weiter nach. Sandra sucht hilfesuchend herüber – also Sandra, an deinem Sanskrit müssen wir dringend arbeiten, so geht’s ja nun nicht -. Ich mime wieder die Streberin, das kann ich gut, spreche von Kapalabathi, dem Wechselatem, Bhastrika,….da verließen sie mich dann aber auch schon. (Eigentlich soll ich nicht reden, sagt Sharada, sondern Sandra. Ich erkläre, dass ich mit Blicken um Hilfe ersucht wurde. Das ist zum Glück okay.)

Anuloma Viloma, Kumbhaka, Uddhiyana Bandha und Agni Sara fielen mir auf die Schnelle leider aber auch nicht ein – also die Atemtechniken bzw. vorbereitenden Techniken schon, aber mein Sanskrit ist eben auch noch ausbaufähig. Ich deute Agni Sara an, stehe auf, mache vor. Kleine Charade….aber keiner rettet mich, keiner ist des Sanskrits mächtig genug oder sieht sich in der Lage, meine Pranayama-Darbietung zu entschlüsseln. Sharada lacht…ich bin empört – nein nicht wirklich, finde es auch alles putzig heute. Sharada ergänzt: „Ja, ich fand, das hast du schön vorgemacht.“ Schade, dass die anderen das offensichtlich nicht fanden. Na ja, ich hatte aber tatsächlich auch nur grob angedeutet und bemerke das an dieser Stelle noch kurz. Sharada kommentiert: „Das macht doch nichts, war doch lustig.“ Ja, die ganze Stunde kann bisher einer gewissen Komik nicht entbehren und ich mittendrin. Das färbt einfach ab…wir sind schließlich alle eins.

Ich frage mich, wann ich das letzte Mal so herzhaft lachen musste – bzw. es ja eigentlich eher unterdrücken musste – wie heute. Lachen ist gesund, alles ist gut. Herrlich.

Jochen, Regina und Jessica stellen sich noch kurz vor –werden mehrmals unterbrochen – ihre Antworten decken sich viel mit denen der anderen und die Stunde hat ihren Zenit bereits überschritten. Eigentlich wäre es für uns alle nach den genannten Jahren Yogapraxis mittlerweile ein Muss fleißig allein zuhause zu üben… Sharadas Stimme ist klar, deutlich und bestimmt und wir wissen natürlich auch, wie Recht sie hat. Dennoch: Die Worte prallen mal wieder an uns ab und wir reagieren darauf nur leidenschaftslos mit der uns eigenen Upeksha …. auch das ist Yoga.

Ich muss nun dringend pullern. Regina auch. Bevor es zum ernsten Teil der Stunde kommt, verabschieden wir uns kurz. Endlich mal befreiend laut loslachen. Wir prusten, das Pinkeln ist eigentlich nur Nebensache. Aber wir sind guter Dinge, trauen uns optimistisch zurück in den Raum.

Wir wollen nun in einen meditativen Sitz kommen. Ausgiebig wird das erklärt….ich fühle mich schon meditativ beschallt. Wir werden ausgerichtet, die Eieruhr gestellt und wir sitzen, stramm gerade in Reih und Glied und atmen….die Gedanken sind allenfalls auf den Bauchnabel zentriert….in der Theorie. Bei mir sieht das anders aus: Sie bauschen sich wie Wolken vor einem Gewitter wild und dunkel zusammen. Ich denke an dies und das….und an meine bisherige Yoga-Praxis bei Martha. Martha ist weg, ich bin traurig, sie fehlt mir, ihr Yoga fehlt mir. Aber: Ich weiß schon, was auch immer an diesem Abend noch kommen mag: Ich ziehe das durch….und die anderen hoffentlich auch. Es ist mal was anderes und auch das ist Yoga. Ich nehme die Situation so, wie sie nun mal ist und bin völlig im Einklang mit ihr. Jetzt freue ich mich, dass ich so viel Schreibstoff zusammen bekomme….und das nur in einer Yogastunde. Wie soll das nur weitergehen. Puh, ich schreibe annähernd in Echtzeit, das wird heftig.

Die Meditation ist in vollem Gange. Wir werden darauf hingewiesen, dass wir bitte nicht rumdröseln – ja, genau das Wort war es – sollen. Wer nicht gerade sitzen könne, dessen Energie könne auch nicht nach oben steigen und wir sollten uns dann doch lieber hinlegen. Ich nehme an – habe ja die Augen zu – dass sich alle noch einmal vorbildlich aufrichten und ausrichten…es legt sich jedenfalls keiner hin….das wäre ja was für Anfänger.

Wir sind fast am Ende. Sharada fragt, ob wir noch eine Sequenz machen wollen – natürlich wollen wir, deswegen sind wir doch hier. Wir reißen hektisch die Arme hoch. Nicht zur Seite, wie Sven, nein nach vorn. Sven soll beides testen und sagen, was der Unterschied ist. Er schließt sich charmant der Information von Sharada an: „Ja, das geht schneller.“ Guter Junge, wir können weiter machen. Arme zackig hoch, ein-ausatmen. Ich verstehe nicht, was ich machen soll. Einatmen oder ausatmen? Wie auch immer, wir gehen in die Vorbeuge, von dort aus in den hinabschauenden Hund und dann in den hinaufschauenden. Dann folgen noch ein paar neue Asanas oder Asana-Kreationen à la Sharada –so genau komme ich da nicht hinter. Der Bewegungsablauf wird danach noch mit Sprüngen garniert. Stehende Vorwärtsbeuge, Sprung, direkt in den hinabschauenden Hund. Bitte ziehen Sie nicht über Los, soll heißen Shaturanga, fällt mir dazu ein. Puh, unrunder Ablauf, ich springe einfach ins Brett und richte mich dann in den hinabschauenenden Hund aus. Mein Mittelfinger zeigt nicht gerade nach vorne und wird zurecht gerückt, damit die Schultern richtig sind. Merke keine Änderung, mein Zeigefinger war perfekt ausgerichtet. Aber alles ist gut, ich lasse mich gern ein auf alles.

Anschließend erfahren wir, dass das ein eigens kreierter Zyklus von Sharada war, sie nennt ihn „Flexibility Zyklus“ – ich denke, ich könnte mir bessere Zyklen ausdenken, aber es ist einfach nur lustig. Jessica gibt die ganze Stunde Grunzlaute von sich…was sie wohl denkt, muss was lustiges sein.

Gelegentlich tauschen wir untereinander mal mit dem ein oder anderen zaghafte Blicke während der Stunde aus…aber das ist gefährlich, weil dann kein Halten mehr ist. (Das Lachen von innen heraus ist heute sehr dominant bei mir…und wohl nicht nur bei mir.)

Die Stunde neigt sich dem Ende, die Schulterstandfrequenz sollen wir nächste Woche kennen lernen. Ich bin gespannt wie ein Flitzebogen…mit Pfeil. Vielleicht springen wir vom Schulterstand über die Kopfkippe einfach mal eben ins Rad oder wir rollen lässig zurück und heben uns in den Skorpion. Ich bin da ganz offen und werde alles versuchen. Ich sehe uns auch schon nebeneinander in Seilen an der Wand an diesen eigens für’s Iyengar-Yoga angebrachten Ösen hängen…aber ich finde es nicht lustig in den Seilen zu hängen, deswegen muss ich bei dem Gedanken auch höchstens noch schmunzeln…..ist ja gut, wenn die Gesichtsmuskeln weich werden.

Noch kurz Shavasana, die Endentspannung. Ich muss mich nicht entspannen, mein Körper ist entspannt. Ich höre vor meinem geistigen Ohr wieder dieses dröhnende Bass-geschmetterte Om und kann einfach nicht ernst bleiben. Meine Bauchatmung findet irgendwie nebenbei statt.

Wir sind durch. Klare Frage von Sharada: „Wollen wir es miteinander versuchen?“ Ja klar, wollen wir. Wir sind schließlich eine echt coole Truppe und extrem hart im Nehmen. Die Sharada mag eine Drill-Instruktorin sein, aber wir können das ab, hat was Erfrischendes in der Stunde wie ein kleines Kind auf fehlinterpretierte Asanas oder sonstiges hingewiesen zu werden oder nach der Stunde gerufen zu werden: „Das ist die Elektrotasche und die kleine Tüte ist für die Gürtel.“

Innerlich denke ich: „Wieso fragst du mich nicht: Sabine, kannst du mir mal bitte die Gurte in die kleine Tasche stecken?“ Wäre aber wohl zu einfach und direkt. Ich frage also – Begriffsstutzigkeit vorgebend- :“Soll ich die Gurte in die kleine Tasche räumen?“ „Ja, bitte.“ Na, also, wir verstehen uns doch, zuhause räume ich auch immer allen alles hinterher, ich kann das. Alles Yoga, oder was?

Susanne hilft mit, die mir anvertraute Mammutaufgabe hinzubekommen…schließlich hat sie den neuen Gurt aus Pune und eben dieser Tüte ja auch genutzt. Sie gesteht: Wäre das meine erste Yogalehrerin gewesen, wäre ich nicht wiedergekommen. Aber so sind wir uns einig: Alles wird gut, wir kriegen das hin. Eine wahre Yogini kennt keinen Schmerz, erst recht keinen Trennungsschmerz. (Martha, an dieser Stelle stell dir vor, wie wir alle deinen Namen rufen, so wie Fred Feuerstein immer nach seiner Wilma gerufen hat.)

Nach der Stunde kam es noch zu folgendem putzigem Dialog vor dem Gebäude. Regina zu Sandra: „Sandra , du bist ja von uns so die Bodenständigste, was meinst denn so dazu?“

Sandra: „Ich bin es gewohnt mit Verrückten umzugehen, da habe ich gar kein Problem mit.“ Gut, dann wäre ja alles geklärt, uns geht das ähnlich. Also, nächsten Donnerstag, selbe Zeit, selber Ort.

Lena, Kirsten, Lesley, Gaby, Marc und Daniela dürfen gespannt sein…wie die Flitzebogen.

Namasté, Ihr lieben Yoga-Weggefährten

(*Anmerkung: Alle im Text verwendeten Namen wurden von der Verfasserin geändert.)

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